Unklare Bauchschmerzen

Im Kindergartenalter haben viele Kinder oft über längere Zeit Bauchschmerzen. Auch Schulkinder klagen noch oft episodenhaft über Bauchweh. Theoretisch kann da alles Mögliche hinterstecken: Blinddarmreizung, Harnwegsinfektionen, Verdauungsstörungen, Zöliakie, Befall mit Würmern und, und, und…

Daher wird den Beschwerden auf den Grund gegangen: ein Stufenschema zur Abklärung. Zuerst wird der Bauch untersucht, also abgehorcht und abgefühlt. Dann werden Urin und Stuhlproben untersucht, auf der nächsten Stufe folgt eine Blutuntersuchung und zuletzt erfolgt die bildgebende Diagnostik mit z.B. Ultraschall.

Bei den allermeisten Abklärungen findet der Arzt jedoch keine Ursache der Beschwerden. Haben diese Kinder denn dann Schmerzen?

In der Medizin nennt man diese Beschwerden dann somatoforme Störung. Der Volksmund hat für diese Missempfindungen schöne Beschreibungen gefunden: vielleicht hat der Patient „Wut im Bauch“, oder ihm ist etwas „auf den Magen geschlagen“, er könnte sich aber auch ein „Loch in den Bauch freuen“, vielleicht ist es ihm „an die Nieren gegangen“ oder er hat „Schmetterlinge im Bauch“. Nicht zuletzt könnte ihm „das Herz vor Angst in die Hose gerutscht sein“ oder er hat „Schiss“. Gerade die letzte Bezeichnung beschreibt ein körperliches Symptom: Durchfall, meint aber ganz klar ein Gefühl: Angst. Kann denn Angst Durchfall auslösen? Studenten vor Staatsexamina werden dies mit einem klaren „Ja“ beantworten. Unser unwillkürliches Nervensystem, das unbemerkt tagein tagaus die Verdauung, den Kreislauf, den Stoffwechsel usw. regelt, kann unter psychischem Stress entsprechende Veränderungen in der Regulation vornehmen. Daher hat ein wütender Mensch oft auch einen roten Kopf, weil der Blutdruck in die Höhe geschnellt ist.

Das unwillkürliche Nervensystem wird gerne auch Bauchhirn genannt, da wir fast so viele Nervenzellen im Bauch wie im Kopf haben. Entwicklungsgeschichtlich ist das Bauchhirn (rechts und links neben der Wirbelsäule gelegen: der Grenzstrang) älter als unser Gehirn im Kopf, denn schon der Regenwurm besitzt ein dem Grenzstrang entsprechendes Strickleiternervensystem. Das unwillkürliche oder auch autonome Nervensystem kommuniziert nicht gerade gerne mit dem Gehirn im Kopf. Deshalb wird uns nicht bewusst, dass die Missempfindungen im Bauch von psychischen Belastungen herrühren. Auch bei Entscheidungen, die es zu fällen gilt, lassen wir manchmal den Bauch entscheiden. Wir sprechen ja auch vom „Bauchgefühl“.

Die psychosomatischen Aspekte von Beschwerden werden von uns immer mitberücksichtigt, da wir an der psychosomatischen Grundversorgung teilnehmen.

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