Neugeborenes

Was ist eigentlich..

1.Hebammenmathematik „3 ist die Hälfte von 11“

Nach 8 Stunden heftigster Wehenarbeit, schon nahe am Rand der Erschöpfung offenbart Ihnen die Hebamme, die Ihre Geburt betreut: „Der Muttermund ist schon 3 cm offen.“ Sie bekommen einen Schreck, weil Sie rasch ausgerechnet haben, dass sie dann ja wohl noch übermorgen am Eröffnen sind….. Nein! Der Muttermund öffnet sich nicht „linear“. Die ersten 3 cm Muttermundsöffnung sind die schwersten/langwierigsten. danach geht es deutlich zügiger voran. 3 cm Muttermundöffnung bedeutet daher Halbzeit!

2. das Neugeborene

wie schwer

wie lang

wie dickköpfig

Das Neugeborene ist nach ca. 280 Tagen Schwangerschaftsdauer etwa 3.350 g schwer. Gewichte von 5 Pfund (2.500g) bis 4 kg (und etwas darüber) sind aber auch normal. Sollte das Baby weniger als 2.500 g wiegen, kann es dafür 2 Gründe geben: Entweder ist das Baby zu früh geboren, das heißt vor der 38. Schwangerschaftswoche, oder es ist „small for date“ also für die Dauer der Schwangerschaft mangelernährt/untergewichtig. Im ersten Fall ist das Kind für die Dauer der Schwangerschaft normalgewichtig, es wurde jedoch nicht lange genug „bebrütet“ und kommt daher unreif zur Welt. Im zweiten Fall fehlt dem Kind vor allem Nahrung!. Zwei gleich schwere Kinder können also ganz unterschiedliche Probleme haben. Kinder von mehr als 4 kg Geburtsgewicht müssen nicht unbedingt fitter/ gesünder sein als kleinere/leichtere Babies; so sind z.B. Kinder von zuckerkranken Mütter durchschnittlich deutlich schwerer als ihre Kollegen, haben aber dennoch öfter Reifeprobleme und Blutzuckerschwankungen.

Das Neugeborene ist etwa einen halben Meter lang.

Das Köpfchen eines Neugeborenen hat etwa den Umfang/Durchmesser eines Bierdeckels (10 – 11 cm Durchmesser; also 33 – 36 cm Kopfumfang)

3. Apgar

Hurrah, das Baby ist endlich da… und schon bekommt es Noten/Zensuren!

Virginia Apgar, eine amerikanische Kinderärztin hat sich Gedanken darüber gemacht, wie man das Befinden eines gerade frisch Geborenen beurteilen kann. Ihr Notensystem wird 1 Minute, 5 Minuten und 10 Minuten nach Geburt angewandt, um zu beziffern, wie das Baby die Geburt verkraftet hat. Die Kriterien werden mit null, eins oder zwei Punkten bewertet. Dankenswerterweise kann man sich die Kriterien, die beurteilt werden sollen, an den 5 Buchstaben des Namens Apgar merken:

Atmung

Puls

Gesamtmuskelspannung

Aussehen

Reflexe

Optimal wäre ein Apgar von 9/10/10 oder 8/10/10.

Oft liest man in den gelben Untersuchungsheftchen der Kinder aber Werte von 10/10/10. Das ist sicherlich sehr unwahrscheinlich bis unmöglich, bedeutet aber:  Das Kind ist fit und erhält alle erdenklichen Punkte, auch die, die es gar nicht gibt, denn (fast) kein Kind kann nach 1 Minute = 60 Sekunden eine Punktzahl von 10 erreichen.

4. Nabelschnur-pH-Wert

Der pH-Wert ist ein Maß, um Säure zu messen.

Sie kennen pH-Werte aus der Werbung: „…mit dem natürlichen pH-Wert der Haut…“ = 5.5 (Säureschutzmantel). Die Skala geht von 0 bis 14. Neutral, also weder sauer noch seifig ist Wasser mit einem Wert von 7. Magensäure/Salzsäure ist sauer: pH-Wert 1-2, Somat oder Salmiakgeist ist eine Lauge: pH-Wert z.B. 11.

Blut hat einen pH-Wert von 7,44. Der Körper bemüht sich mit verschiedenen Mechanismen, diesen Wert möglichst konstant zu halten, damit all unsere biochemischen Stoffwechselvorgänge zuverlässig funktionieren. Wenn der „Motor Mensch“ aber gezwungen ist, seinen Brennstoff Traubenzucker ohne Sauerstoff zu verbrennen, entsteht nicht neutrales Wasser und ausatembares Kohlendioxid, sondern Milchsäure: Milchsäure! Der Stoffwechsel und damit auch das Blut wird sauer. Der pH-Wert sinkt. Man kann nun im Nabelschnurblut (nicht am Kind!, sondern von der Nachgeburt/ Mutterkuchen/Plazenta) den Blut-pH-Wert messen. Da bei jeder Geburt in der Pressphase eine gewisse Sauerstoffnot auftritt, ist der Blut-pH-Wert nie bei 7,44. Er liegt meist zwischen 7,28 und 7,35. Sollte er unter 7,25 liegen, bedeutet dies, dass entsprechend mehr Säure entstanden ist, der Sauerstoffmangel also andauernder gewesen sein muss. Aber auch ein pH-Wert von 7,18 geht in Ordnung, wenn der Apgartest „gute“ Noten zeigt: das Kind hat sich von Sauerstoffmangelstress der letzten Geburtsphase selbst erholt. Jedoch wird ein Kind mit einem pH-Wert von 6,90 keinen guten Apgartest aufweisen können – solche Werte sind im Allgemeinen mit dem Leben nicht mehr vereinbar.

5. Konakion Tropfen = Vitamin K

Neugeborene Babies haben „dünneres“ Blut als wir Erwachsenen. Nun – die Natur macht keine Fehler. Das dünne Blut, also die schlechtere Gerinnungsfähigkeit hat daher einen Sinn. Zum Beispiel kann man sich den Sinn so erklären: Ein neugeborenes Kind kommt manchmal arg „verbeult“ zur Welt: Blutergüsse, Schrammen, Schürfungen, ja sogar Knochenbrüche (geburtstraumatischer Schlüsselbeinbruch) kommen vor. Wenn ein erwachsener Mensch derartige Verletzungen erlitten hat, dann haben die behandelnden Ärzte immer Angst vor Thrombosen und ihren Folgen. Denn wenn Blut aus gerissenen Adern austritt, also ein Bluterguss entsteht, dann wird die Gerinnung aktiviert, um das entstandene Leck wieder abzudichten. Wenn aber viel Blut ausgetreten ist, also viel Gerinnung in Gang gekommen ist, dann kann bei liegenden „immobilisierten“ Patienten auch das langsam fließende Blut in den Blutadern/Venen gerinnen: es entsteht eine Thrombose. Wenn sich der Klumpen aus geronnenem Blut im Gefäßsystem auf die Reise macht, kann er nach Passieren des Herzen große Adern in der Lungenstrombahn verstopfen: eine Embolie ist aufgetreten. Dies kann lebensgefährlich sein.

Neugeborene haben trotz blauer Flecken und Immobilisation/Bettlägerigkeit nie Thrombosen, weil ihr Blut dünner ist! Nach der Geburt und insbesondere in den folgenden Wochen kann sich aber eine Blutungsneigung einstellen. Solange es um Nasenbluten, Nabelbluten, blutiges Erbrechen, blutigen Stuhlgang handelt, ist dies „harmlos“. Blutet es aber in das sich gerade entwickelnde Gehirn, so kann das schlimme Folgen haben (-> Behinderungen). Daher empfehlen die Kinderärzte nach Geburt Vitamin K zur Blutungsvorbeugung zu verabreichen. Vitamin K ist notwendig für die Produktion von Gerinnungsfaktoren in der Leber.

Die Vitamin K Prophylaxe wird in Form von Tropfen bei der U1, der U2 sowie der U3 in den Mund verabreicht.

6. Crédé -Prophylaxe

Die Erreger des „Trippers“, also der Gonorrhoe, einer Geschlechtskrankheit, können am Auge des Neugeborenen zu einer schweren Bindehautentzündung mit Erblindungsgefahr führen. Einen Tripper muss man nicht unbedingt bemerken. Um unerkannte gonorrhoische Infektionen einer Schwangeren für das Baby und seine Augen zu entschärfen, empfehlen die Ärzte nach der Geburt den Bindehautsack von möglicherweise übertragenen Gonokokken mit Augentropfen zu sterilisieren.

7. Vitamin-D-Tabletten

Ein Baby wächst im ersten Lebensjahr gigantisch: es verdreifacht sein Geburtsgewicht und wird um die Hälfte länger. Ein derartiges Wachstum gibt es später nie wieder. Um so wachsen zu können, braucht man „Baustoffe“ und „Lastwagen“, die die Baustoffe zur Baustelle bringen. Der Knochen braucht, um hart zu werden, Calcium. Milch enthält viel Calcium. Damit das Calcium in den Knochen eingebaut werden kann, muss es aus dem Darm (getrunkene Muttermilch) in den Knochen transportiert werden. Der Lastwagen heißt Vitamin D. Ein Mangel an Vitamin D führt also zu einem Calciumhunger des Knochens, der Knochen bleibt weich. Dies Krankheitsbild nennt man Rachitis. Zur Vorbeugung einer Rachitis kann man also Vitamin D geben. Kinderärzte empfehlen eine zusätzliche Vitamin D Gabe im ersten Lebensjahr.

Wichtig: einer vergessenen Vitamin-D-Tablette weint man keine Träne nach (auch nicht zwei vergessenen Tabletten…), denn man wird nicht automatisch mit Rachitis bestraft. Immerhin handelt es sich ja um eine Prophylaxe also Vorbeugung und nicht um eine notwendige Behandlung.

8. Neugeborenengelbsucht

Die Neugeborenengelbsucht hat nichts mit einer Leberentzündung oder Hepatitis oder Gelbsucht eines Erwachsenen zu tun!

Neugeborenengelbsucht ist Ausdruck der Blutmauserung.

Alle Babies mausern nach Geburt ihr Blut: sie bauen das alte „vorgeburtliche“ Blut ab, denn es hat die falschen Sauerstoffbindungs-Eigenschaften für das Leben außerhalb der Gebärmutter. Vor der Geburt atmet das Ungeborene aus zweiter Hand: die Mutter atmet, füllt ihr eigenes Blut mit Sauerstoff an, im Mutterkuchen fließen mütterliches und kindliches Blut nahe aneinander vorbei. Der Blutfarbstoff des Ungeborenen hat eine stärkere Anziehungskraft für Sauerstoff und „grabscht“ dem mütterlichen Blutfarbstoff die Sauerstoffbeladung weg. Nach der Geburt braucht das Baby denselben Blutfarbstoff, wie wir ihn besitzen. Unser Blut gibt den Sauerstoff gerne an die Organe, die ihn brauchen und verbrauchen ab.

Beim Abbau des „alten“ Blutes entsteht viel gelber Abfall, der sich in der ersten Lebenswoche bemerkbar machen kann – eben in Form der Neugeborenengelbsucht. Der Kinderarzt muss vor allem andere Formen von Gelbsucht, wie sie bei Blutgruppenunverträglichkeiten auftreten können, von der Blutmauserung unterscheiden.

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